Stuttgart Sommerrain am 7. Dezember 2003. Noch war es bis zur Weltmeisterschaft eine Weile hin, da schaute die Baureihe 420 schon mal am Anstoßkreis vorbei.
In den nächsten Wochen werden es König Fußball und die Baureihe 420 noch öfters in Stuttgart miteinander zutun bekommen.
Foto: Dirk Mattner
Wenn jetzt das große Spiel beginnt, werden wieder außerordentliche Verkehrsleistungen erbracht werden müssen. Einen großen Teil übernehmen dabei die öffentlichen Verkehrsmittel. Könnte man nicht auf solch leistungsfähige Nahverkehrssysteme zurückgreifen, wie sie die meisten Austragungsorte besitzen, sollte man auch den Kartenbesitzer raten die Spiele doch lieber zuhause am Fernsehschirm zu verfolgen. Doch insbesondere U- und S-Bahnen ermöglichen die Bewältigung hoher Verkehrsspitzen, die vor und nach einem Spiel entstehen.
Wenn am 9. Juni in der Münchner ******-Arena (auf Wunsch der FIFA gibt es keine "Allianz" in Verbindung mit "Arena") die Meisterschaft beginnt, wird vieles neu sein. Doch bei manchen Dingen wird man feststellen, das es das schon mal gegeben hat.
Als am Abend des 7. Juli 1974 die am Münchner Olympiabahnhof bereitgestellten weißblauen Triebzüge der Baureihe 420 nach und nach das Oberwiesenfeld in Richtung Hauptbahnhof verließen, waren sie übervoll mit glücklichen Schlachtenbummlern besetzt.
Deutschland war soeben Fußballweltmeister geworden.
Die Männer um Beckenbauer, Müller und Breitner bezwangen im Finale die favorisierten Niederlande mit 2:1.
Der Spielanteil der Baureihe 420 war dabei auch im Stadion messbar: 77.833 Zuschauer verfolgten das Spitzenspiel. Der größere Teil der Zuschauer erreichte zwar das Stadion mit der U-Bahn oder dem Auto, doch keineswegs zu vernachlässigen ist der Anteil an Besuchern, die mit der Sonderlinie S11 zum Olympiastadion kamen.
Die Aufteilung der Verkehrsanteile zwischen S- und U-Bahn war Teil des Verkehrskonzepts, das für die Olympischen Sommerspiele zwei Jahre zuvor schon zur Anwendung kam. Während hinter der Planung und dem Bau der U-Bahn ein langfristiges Verkehrskonzept stand, waren die Anlagen für den S-Bahnbetrieb lediglich für den großen Augenblick errichtet worden.
Als am Abend des Finalspiels der letzte 420 im Bahnhof "Olympiastadion (Oberwiesenfeld)" seine Türen schloss, hatte dieser Bahnhof im Grunde schon seine Schuldigkeit getan.
Was in den Jahren darauf bis 1988 folgte, waren sporadische Einsätze, die aber zur Bewältigung der Zuschauerströme durchaus einen Nutzen hatten.
In den 80er Jahren besann man sich auf eine regelmäßige Nutzung der großzügigen Anlage zu den Heimspielen des FC Bayern.
1988 wurde der Bahnhof jedoch entgültig stillgelegt.
Neben zwei großen Bahnsteigen bot der Olympiabahnhof auch die Möglichkeit zur Abstellung weiterer Einheiten. So konnten die Verkehrsspitzen vor und nach einer Veranstaltung im Olympiapark recht gut aufgefangen werden.
Und so war das auch bei den WM-Spielen im Olympiastadion: Während die Fußballartisten auf dem Rasen dem runden Leder hinterher jagten und die Fans sie dabei anfeuerten, surrten wenige hundert Meter weiter westlich davon zahlreiche wartende 420er im Bahnhofsbereich des Oberwiesenfelds gelassen vor sich hin.
Das Abstellgleis südlich des Bahnhofs erstreckte sich über den Georg-Brauchle-Ring hinweg bis auf die Höhe des Stadions. Noch heute liegt hier das Gleis und sogar die Fahrleitungsmasten sind noch vorhanden und erinnern so an die Funktion dieser Anlage.
Die Baureihe 420 ist seit jeher dem Sport verbunden, insbesondere mit dem Fußball. Die Bezeichnung "Olympiatriebzug" zeigt dies ganz deutlich und erinnert an den fulminanten Blitzstart den die ersten 120 Fahrzeuge dieser Baureihe im Jahre 1972 hingelegt hatten.
Der Fußball stand zwei Jahre später im Mittelpunkt, als die Weltmeisterschaft in Deutschland (West) ausgetragen wurde.
Doch neben diesen markanten Großereignissen stand und steht die S-Bahn regelmäßig im Dienste von "König Fußball".
Mit dem Start der S-Bahnen in Frankfurt und Stuttgart, übernahmen auch dort die robusten Fahrzeuge die sichere Beförderung der Fans.
In Stuttgart hieß der Zielbahnhof der Träume Neckarstadion. In Frankfurt dagegen war der Bahnhof "Sportfeld" der Endpunkt zahlreicher Pilgerfahrten im Zeichen des Fußballs. Jetzt heißen die Stationen "Gottlieb-Daimler-Stadion" (Stuttgart) oder schlicht "Stadion" (Frankfurt). Und immer noch dreht sich alles um Fußball. Und immer noch bringt der ET420 das Publikum zu den Spielen. Und jetzt, da die Weltmeisterschaft wieder Station in Deutschland macht, wird auch diese Baureihe wieder ihre Spielanteile haben.
In Stuttgart hat man speziell zu diesen Anlass sich die Arbeit gemacht und Bandansagen in verschiedenen Landessprachen auf die Railvox-Rechner der Triebzüge eingespielt.
Die Zuschauer werden durch ein System mittels Kennfarben zu den richtigen Zugängen geleitet.
So wird neben dem Bahnhof Gottlieb-Daimler-Stadion auch der Bahnhof von Bad Cannstatt für die Verteilung der Besucherströme genutzt.
Die Kennfarben auf den Eintrittskarten finden sich sowohl in dem Wegeleitsystem als auch in den Liniennetzen und an den Stationen wieder.
In Stuttgart wie auch in Frankfurt wird der Langzug öfters als nur zur bekannten HVZ zu Ehren kommen.
Mensch und Maschine stehen in den nächsten Wochen einer großen Herausforderung gegenüber.
Dieser kann man aber zuversichtlich entgegen sehen.
Nicht nur weil die Vorbereitungen sehr gründlich waren, sondern auch weil man auf die Erfahrungen früherer Großereignisse zurückgreifen kann. Das waren zumeist positive Erfahrungen, die zumeist auch mit Hilfe einer leistungsfähigen S-Bahn Baureihe hervorragend bewältigt werden konnten.
Schön, das auch diesmal der ET420 seinen Anteil zum Gelingen leisten darf. Das er es kann wissen wir schon lange.
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